Wie kommt man zu so einem Hobby?

Schon als Kind fand ich das Thema Weltraum spannend und ja, es ist schon so lange her, da war Pluto noch ein Planet! Mit dem Teleskop auf dem Dachboden meiner Eltern (ein Kosmos Refraktor mit geschätzt 60mm Öffnung und winzigen Okularen) habe ich auch meine ersten Streifzüge durch die Tiefen des Weltalls unternommen. Viel gesehen habe ich damals zwar nicht, aber als ich doch mal einen Planeten ins Okular bekommen habe (Jupiter), war ich quasi mit dem Astrovirus infiziert. Dieses Virus hat mich lange Zeit in Ruhe gelassen, aber irgendwann, es muss 2007/08 gewesen sein, brach es aus… Ich habe damals meine Xbox 360 mit allen möglichen Spielen verkauft und den Erlös direkt in einen 130/1000er Newton auf Bresser MON-1 investiert. Im Vergleich zu dem kleinen Dachbodenrefraktor ein Instrument was sonst vermutlich nur in Sternwarten genutzt wird, zumindest meinem Empfinden nach und ich muss sagen, Saturn zu beobachten war ein echtes Erlebnis!

Da ich zu dieser Zeit auch schon eine Canon EOS 300D mein Eigen nannte, kam schnell auch die Frage auf, wie man diese Kamera denn nun wohl mit dem kürzlich erworbenen Teleskop verbinden kann. Ein wenig im mitgelieferten Zubehör gekramt und die Kamera hing am Okularauszug, also Fenster auf und aus der Bude heraus versucht den Mond zu fotografieren… Hat funktioniert! Und ab da war klar, einfach nur den Mond fotografieren ist noch längst nicht das Ende der Fahnenstange.

 


Einstieg in die Astrofotografie...

Falls ihr euch jetzt erhoffen solltet (so wie ich damals), nach einer kurzen Lektüre dieser Einstiegshilfe, oder entsprechender Seiten im Netz, direkt losfotografieren zu können und Hubble von der Erde aus Konkurrenz zu machen, so muss ich euch diesen Zahn ziehen! Es dauert sehr lange bis man neben der reinen Fotografie auch die EBV im Griff hat, denn es gibt einiges zu lernen! Obwohl ich mich bereits als jugendlicher mit Spiegelreflexkameras, manuellen Objektiven usw. zu befassen anfing, musste ich doch feststellen, dass die physikalischen Grundlagen der Astrofotografie ein wenig komplexer sind als „nur“ der Zusammenhang zwischen Blende, Zeit und Fokus. Daher kann ich euch nur empfehlen langsam anzufangen! Mit Geld könnt ihr euch zwar so einige technische Helfer in´s Haus holen und in den einschlägigen Foren bekommt ihr mit Sicherheit auch "Kaufempfehlungen", aber all das wird ohne ein gewisses Maß an Grundwissen nicht zum Ziel führen.

Das Vorgehen, das ich hier im weiteren Verlauf beschreibe, ist keinesfalls die Standardlösung (die gibt es meiner Meinung nach auch nicht), wie man zu guten Astrofotos kommt, sondern nur EIN möglicher Weg. Es wäre natürlich fürchterlich einfach, hier eine Liste zu formulieren, mit der man zum Händler seines Vertrauens geht, 3.000 + X € auf den Tisch blättert und anschließend Equipment mit nach Hause nimmt, mit dem man über Jahre hinweg beschäftigt ist, aber ich denke das wird den meisten Einsteigern nicht gerecht. Zum einen, wenn ich an meine ersten Schritte zurückdenke, ist es jemandem, der sich gerade erst mit dem Thema Astronomie/Astrofotografie beschäftigt nicht zu vermitteln, warum man 1.000 € und mehr für eine Montierung ausgeben sollte, wo es im Netz doch nur so vor Schnäppchenmontierungen für 150 € wimmelt und zum anderen bleibt die große Unbekannte "Leidensfähigkeit". Wann ist eine Montierung zu groß, zu schwer? Was will ich überhaupt fotografieren? Wo kann ich das ganze Zeug lagern? Warum 1.000 € für einen kleinen ED APO mit Flattener ausgeben, wenn ich für 300 € nen "fetten Newton" haben kann?

All das sind Fragen, die beantwortet werden wollen und die sich dummerweise alle nicht pauschal abarbeiten lassen. Nicht jeder wird einen ED APO mögen, einige werden merken, dass Öffnung nicht unbedingt das Allheilmittel ist, einigen wird eine NEQ6 viel zu groß und zu schwer sein, anderen gerade recht... Um euch ein wenig zu sensibilisieren mal ein kleines Zahlenspiel:

Die Erde dreht sich in 24 Stunden einmal um die eigene Achse, d.h. alle 4 Minuten um 1°, also 15 Bogenminuten pro Zeitminute und damit dann auch 15 Bogensekunden pro Zeitsekunde. Damit ihr mal ein Gefühl für die Winkel bekommt: Ein 1cm breites Objekt aus einer Entfernung von ca. 75m betrachtet erscheint mit einer Ausdehnung von 15". Aber was bedeutet das für die Astrofotografie? Weiter unten im Abschnitt "Seeing" findet ihr eine Berchnung des Abbildungsmaßstabs eines Kamera/Teleskop-Systems. Mit einem Newton mit 800mm Brennweite und meiner 600D komme ich auf einen Abbildungsmaßstab von 1,1"/Pixel und das entspricht in etwa der Erdrotation in 0,07s! Glaubt ihr jetzt immer noch, dass ein Kaufhausschnäppchen für 150 € diese mechanischen Anforderungen erfüllen wird?

Versucht auf jeden Fall all die Dinge, die ich hier im Guide beschreibe, live zu begutachten! Lasst euch auch von einem Fachhändler beraten! Besser ist es allerdings, wenn ihr Kontakt zu einem Astrostammtisch/Volkssternwarte/Verein aufnehmt und die Gerätschaften dort mal aus der Nähe betrachtet.

 


Worum dreht es sich hier eigentlich und was braucht man für den Anfang?

Die alles entscheidende Frage! Die Erde dreht sich um sich selbst, der Mond umkreist die Erde und Erde und Mond umkreisen die Sonne, aber welche Rolle spielt das für die Astrofotografie? Jeder der einmal seine Kamera auf ein Stativ geschnallt hat und optimistisch 2-3min lang den Nachthimmel aufgenommen hat, kennt die Antwort. Auf dieser Aufnahme sind die Sterne nicht punktförmig, sondern Eier oder gar Striche. Wie stark die Verformung ist, hängt dabei von Brennweite und Belichtungszeit ab. Für unsere Breiten habe ich mir ein paar Zahlen gemerkt. Bei 200mm Brennweite könnt ihr ca. 1s lang belichten und die Sterne bleiben Punktförmig. Bei 100mm 2s, bei 50mm 4s, bei 20mm 10s … Diese Werte sind nur als grobe Daumenwerte zu verstehen, je nach Position des Sternbilds am Himmel kann es Abweichungen geben.

Ohne euch mit der Himmelsmechanik zu befassen kommt ihr also nicht sehr weit in der Astrofotografie! Himmelsmechanik hört sich hochtrabend an, aber so schwierig ist das nun auch nicht. Ihr müsst euch vor Augen führen, wie eine parallaktische Montierung funktioniert! Warum muss die Rektazensionsachse parallel zur Erdachse ausgerichtet werden? Wo und was ist der Himmelspol? Wie finde ich ihn? Um sich mit diesem Thema vertraut zu machen bietet es sich an, einfach mal eine Volkssternwarte zu besuchen, oder bei einem Treffen des örtlichen Astronomievereins vorbeizuschauen, das ist beides deutlich interessanter als Bücher/Foren/Internetguides zu wälzen. Wer es dennoch nicht erwarten kann, findet hier einen Beitrag zur Himmelskugel.

Darüber hinaus müsst ihr euch am Nachthimmel orientieren können, wo ist Norden? Wo finde ich welches Sternbild? Wo gibt es was interessantes zu Fotografieren? Für all das gibt es Karten, Bücher, Atlanten, Reiseführer, Apps, Planetariumssoftware, oder wie gerade schon erwähnt, Volkssternwarten und Vereine.

Absolutes Minimum für den Einstieg ist eine Kamera, bei der sich die Belichtungszeit manuell einstellen lässt und die bestenfalls auch Zeiten über 30s zulässt, optimaler Weise eine Spiegelreflexkamera, da man durch den optischen Sucher auch dann noch seinen Bildausschnitt wählen kann, wenn die kleineren Kompaktkameras mit einem elektronischen Sucher schon nur noch „schwarz“ zeigen.

Neben der Kamera braucht ihr noch ein Stativ, das die Kamera ausreichend stabil trägt. Und hier sind wir auch schon an einem der wichtigsten Punkte der Astrofotografie, das was eure Kamera trägt, kann niemals zu stabil sein! Spart am Stativ und ihr spart an der absolut falschen Stelle!

 


Bilder mit ruhender Kamera

Mit einer Kamera auf einem stabilen Stativ lassen sich schon schöne Stimmungsbilder des Nachthimmels und der Natur einfangen. Da ich selbst noch kein klassisches Milchstraße-über-Bergen-Bild aufgenommen habe, hier ein Bild von Mond, Plejaden und Venus im Abendrot.

Falls euch diese Art der Fotografie nicht interessieren sollte, dann könnt ihr euch mit Kamera und Stativ (stehender Kamera) auch anderen Projekten widmen. Eine weitere Möglichkeit sind so genannte Strichspuraufnahmen oder auch Startrails. Dazu nehmt ihr ebenfalls eine normale Kamera sucht euch ein Motiv und nutzt dann die Erdrotation um die Sterne als Leuchtspuren darzustellen.

Hier ein Beispiel:

 

Das Bild ist ein Stack (übereinanderlegen von Bildern) von 16 Einzelaufnahmen á 5min Belichtungszeit bei ISO200 mit einem 85mm Objektiv abgeblendet auf f/4. In der Mitte, wo sich nichts dreht, liegt der Himmelspol. Der kleine helle Strich auf 11 Uhr, leicht außerhalb der Mitte, ist der Polarstern. Das Ganze macht sich mit einer nächtlichen Landschaft im Vordergrund auch sehr gut, so dass es keinesfalls Langweilig ist, sich auch mit diesem Thema intensiver zu befassen.

Falls euch auch das "zu langweilig" sein sollte, dann geht direkt einen Schritt weiter und beschafft euch eine Nachführung für eure Kamera. Diese Nachführung, nennt man auch Montierung.

 


Bilder mit nachgeführter Kamera

Bei der Wahl der Montierung seid ihr in erster Linie durch euren Geldbeutel limitiert und in zweiter Linie durch euren inneren Schweinehund. Eine Montierung kann im Prinzip nie zu groß oder zu stabil sein, allerdings kann sie zu schwer sein, so dass ihr eure Ausrüstung nicht mehr tragen könnt oder wollt. Die beste Ausrüstung aber ist diejenige, die man regelmäßig nutzt! Genau hier steckt ihr in einer kleinen Zwickmühle, viel Geschleppe ist Futter für den inneren Schweinehund und ihr werdet mit Sicherheit die ein oder andere Chance eben wegen des Schweinehundes liegen lassen, eine leichtere Montierung kann man dafür aber nicht so hoch belasten...

Astroequipment ist teuer, vor allem zu teuer um mal eben in das Thema reinzuschnuppern und dann alles in der Ecke verstauben zu lassen, aber der "Billig-Schrott" der häufig für Astrofotos beworben wird, ist eben genau das, Schrott! Also welche Möglichkeiten gibt es?

Ein guter Einstieg ist meiner Meinung nach die Star Adventurer von Skywatcher. Die Montierung ist sehr klein, extrem leicht, hat einen Timerauslöser für Canon-Kameras serienmäßig und passt auf nahezu jedes Fotostativ. Diese Eigenschaften machen sie auch zu einem perfekten Reisebegleiter, so dass die Star Adventurer auch nicht überflüssig wird, wenn man sich eine größere Montierung mit einem Teleskop anschafft. Auf diese Weise erzielt ihr relativ schnell gute Ergebnisse und lernt abzuschätzen, welchen Aufwand man später treiben muss um "bessere" Bilder zu bekommen, aber ihr kauft definitiv 2-mal, wenn ihr dabei bleibt! Und wer selbst den kleinen Aufwand scheut, eine Star Adventurer samt Kamera auszurichten, der sollte auf jeden Fall noch einmal über das ganze Thema nachdenken. Wenn ihr Flugreisen oder Rucksacktouren in die Alpen für Astrofoto ausschließen könnt/wollt und euer kleiner innerer Schweinehund recht zahm ist, dann könnt ihr auch direkt über eine "richtige" Montierung nachdenken. Gebraucht ein wenig teurer als die Star Adventurer neu aber recht zukunftssicher wäre eine Montierung wie z.B. die EQ5 Skyscan mit Motoren an beiden Achsen und einem Autoguider-Anschluss. So eine Montierung würde immerhin auch einen kleinen APO (oder einen kleinen Newton) inkl. Autoguider noch gut verkraften.

Lange Rede kurzer Sinn, sowohl Star Adventurer als auch EQ5, Vixen-GP, EXOS-2 usw. haben ihren Charme, der einen Stärke ist der anderen Schwäche. Wenn es euch irgendwie möglich ist, schaut euch eine EQ5 oder andere Montierung dieser Größenordnung mal live an und überlegt ob ihr diese, ohne mit der Wimper zu zucken, packen und hinausgehen würdet zum fotografieren. Wenn ihr auch nur leiseste Zweifel daran habt, weil euch die Montierung zu groß erscheint, dann nehmt lieber die Star Adventurer! Die beste Montierung ist die, die man auch gern und häufig nutzt! Wenn ihr dann dabei bleibt und euch ggf. eine Montierung EQ6-Klasse gönnt, dann mit dem Wissen, warum ihr solchen Aufwand treiben wollt und ihr plant auch die Nächte anders.

Auch wenn ihr euch direkt für den Kauf einer größeren Montierung entscheiden solltet, würde ich euch dennoch dringend empfehlen mit kleinen Brennweiten und Fotoobjektiven anzufangen und nicht direkt durch ein Teleskop zu fotografieren. Mond-Schnappschüsse gehen natürlich fast immer.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auf dem Bild oben seht ihr die Star Adventurer auf einem normalen Fotostativ mit montierter Canon EOS 600D(a), das „(a)“ steht dabei für astromodifiziert und einem 85mm Objektiv von Sigma (85/1.4 EX).

Mit genau diesem Equipment ist unter anderem dieses Bild entstanden: 

 

Für den Einstieg würde ich sagen, dass hier schon fast das sinnvolle Maximum erreicht ist, vor allem hinsichtlich der Brennweite!

Alles was darüber hinaus geht, schwere Montierung, größere Brennweite, fokale Fotografie durch ein Teleskop, Goto-Alignment usw. sind für einen Einsteiger schon eine echte Herausforderung und können schnell zu Frust führen. Das fängt beim Aufbau der Ausrüstung an, geht beim Aufsuchen von Objekten weiter und endet bei der Nachführung bzw. Fehlern bei eben dieser. Also tut euch selbst den Gefallen und steigt langsam ein! Bis ihr zum ersten Mal eine parallaktische Montierung sauber aufgebaut habt (inkl. einnorden) und das Goto eingerichtet habt kann schon mal schnell eine Stunde vergehen und sofern man keine stabile Wetterlage hat, kann es sein, dass während des Aufbaus die ersten Wolken das Ende der Fotonacht verkünden... Auch wenn eine EQ5 zukunftssicherer erscheint und euch mehr Möglichkeiten in Sachen Autoguider und Tragfähigkeit bietet, müsst ihr das gegen das geringe Gewicht und den schnelleren Aufbau einer Star Adventurer abwägen.

Die 85mm sind schon eine Herausforderung am Anfang, denn zum einen müsst ihr die Montierung jedes Mal auf´s Neue auf den Himmelspol ausrichten und auch jedes Mal wieder die Objekte suchen, die ihr fotografieren wollt. Wenn das alles zur Routine wird, probiert es mal mit mehr Brennweite. Je höher die Brennweite, desto genauer muss die Nachführung/Ausrichtung auf den Pol sein! Hier ein paar Bilder mit 135mm bzw. 200mm:

Antares-Region bis Rho Ophiuchi mit 135mm Brennweite und Canon 600D(a)

 

Gürtel und Schwert des Orion mit 200mm Brennweite und Canon 600D(a)

 

Wenn der Aufbau der Star Adventurer zur Routine wird, 200mm Brennweite und mehr für euch auch über eine längere Belichtungszeit hinweg beherrschbar sind, dann könnte es an der Zeit sein, sich ernsthaft mit einem Teleskop/einer Montierung auseinander zu setzen. Da ihr ja auch schon ein paar Objekte aufgenommen habt, sollten auch eure Prioritäten ein wenig klarer geworden sein. Großflächige Nebel, oder doch kleine planetarische Nebel? Galaxie oder Mond?

 


Alles Spielzeug, ich will was Richtiges!

Stimmungsbilder, Strichspuraufnahmen, Widefields mit kleiner Montierung, ja ja ja, interessiert mich nicht, ich will was Richtiges! Wenn ihr hier einsteigen wollt, ohne jegliche Erfahrung mit einer parallaktischen Montierung und dem Aufbau einer solchen zu haben, wird es extrem sportlich und ihr solltet auf jeden Fall eine hohe Schmerzgrenze haben, denn Rückschläge und Enttäuschungen wird es einige geben. Falls ihr lieber frustfrei und mit Spaß einsteigen wollt, fangt kleiner an! Falls euch das 2-mal kaufen abschreckt, dann schaut euch nach gebrauchten Geräten in den einschlägigen Foren um. Häufig bekommt man das gesuchte Gerät dort gebraucht deutlich unter dem Ladenpreis und wenn ihr euch erweitern wollt oder feststellt, dass die Astrofotografie nichts für euch ist, lässt sich nicht mehr benötigtes Equipment auch gut wieder verkaufen. Auf diese Weise beschränkt ihr euer finanzielles Risiko auf ein Minimum und ihr könnt den Verkauf auch zur Refinanzierung neuer Geräte/Instrumente nutzen.

Konkrete Produkte/Geräte zu empfehlen ist an dieser Stelle nahezu unmöglich, denn es kommt vor allem darauf an, was ihr fotografieren wollt und was ihr bereits für Erfahrungen gemacht habt. Eines trifft aber immer zu:  Eine Montierung kann im Prinzip nie zu groß oder zu stabil sein, allerdings kann sie zu schwer sein, so dass ihr eure Ausrüstung nicht mehr tragen könnt oder wollt. Und wo wir gerade beim Tragen sind, das was die Hersteller der Montierungen als „Tragfähigkeit“ angeben solltet ihr bei fotografischer Nutzung allenfalls zu 2/3 ausreizen.

Da die Anzahl der am Markt verfügbaren Produkte stetig wächst, versuche ich einfach mal einen Überblick zu geben und gehe nicht auf spezielle Produkte ein!

 


Wahl der Montierung:

Bei der Montierung gibt es ein paar Dinge, auf die ihr achten müsst. Das wichtigste zuerst, es sollte eine parallaktische Montierung sein (hin und wieder auch deutsche Montierung genannt), sie sollte Motoren an beiden Achsen haben und einen ST4-Anschluss für den Autoguider. Azimutale Montierungen und Gabelmontierungen führen ohne Polhöhenwiege zu einer Bildfelddrehung, die schon nach kurzer Zeit auf den Bildern sichtbar wird und stellen daher keine gute Alternative dar. Eine wichtige Angabe bei Montierungen ist die max. Tragfähigkeit. Da ich die Frage schon öfter gelesen habe: Die Gegengewichte werden bei der Tragfähigkeit nicht berücksichtigt. Diese Angabe bezieht sich idR. auf die reine Instrumentenlast.

 

Montierungen mit ca. 10kg Tragfähigkeit:

Montierungen die laut Hersteller 10kg tragen sind meiner Meinung nach das absolute Minimum. Nimmt man die weiter oben genannten 2/3 als Maximum für die fotografische Belastung, dann sind es lediglich 6,5kg, die ihr an Instrumentenlast nutzen könnt. Das mag am Anfang recht viel erscheinen, vor allem wenn man das mit einem 200er Tele und APS-C-Kamera vergleicht, aber 6,5kg sind verdammt schnell erreicht bzw. überschritten. 

Ein Beispiel:

Ein 80er ED APO bringt schon leicht 3,5kg auf die Waage. Dazu kommt eine Kamera und ein Flattener und es sind zusammen schon 4,5kg. Jetzt noch einen Sucher und einen Autoguider dran und es sind mitsamt aller benötigten Kabel 6,5kg. Damit ist die Montierung auch schon an ihrer Grenze! Überlegt euch also gut, ob es nicht sinnvoller ist, eine stabilere Montierung zu wählen...

Meine LXD-75 gehört z.B. in diese Gewichtsklasse, ebenso wie die EQ5, EXOS-2 und viele andere.

 

Montierungen mit 13-15kg Tragfähigkeit:

Etwas mehr Luft nach oben habt ihr mit einer Montierung die 13-15kg tragen kann (Fotografisch also immerhin schon 8,5-10kg). Mit so einer Montierung habt ihr erst mal eine solide Grundlage. Egal ob ihr mit einem kleinen ED APO oder einem 6“ Newton eure nächsten Astrofotos machen wollt, die Montierung ist dabei stabil genug.

Prominente Vertreter dieser Gewichtsklasse sind HEQ5, AZ-EQ5, Advanced VX und viel andere.

 

Montierungen mit ca. 20kg Tragfähigkeit:

Wenn euch 15kg nicht ausreichen sollten, dann schaut mal nach einer Montierung die um die 20kg Zuladung verträgt (also 13,5kg fotografisch). Egal ob 8“ Newton, ED APO oder SC/RC, mit so einer Montierung seid ihr auf der sicheren Seite, ABER ihr müsst das Ding auch schleppen! 13,5kg an Instrumenten auf der einen Seite bedeuten auch 15kg an Gegengewichten auf der anderen Seite zusätzlich zum Eigengewicht der Montierung.  Mit mobiler Stromversorgung, und allem was sonst noch zum Fotografieren notwendig ist, kommen da schon mal 60-80kg zusammen und das ist erst mal ne Menge Futter für den inneren Schweinehund!

In dieser Gewichtsklasse spielt unter anderem auch meine AZ-EQ6 GT, ebenso wie die NEQ6, CGEM und einige andere.

 

Montierungen, die noch mehr tragen sind meiner Meinung nach was für den stationären Betrieb und wer darüber nachdenkt, hat idR. auch so viel Erfahrung, dass er weiß, was er will.

 

Ein kleiner Hinweis noch: Bei vielen "Set-Angeboten" die vor allem durch den Preis sehr attraktiv erscheinen (um die 500€) und als "Astrofototauglich" umworben werden, ist häufig eine viel zu schwache Montierung im Lieferumfang enthalten, also Finger weg! Wenn ihr meinen kleinen Guide hier bis zum Ende gelesen haben solltet und Eure Entscheidung hinsichtlich Teleskop und Montierungsklasse gefallen ist, dann lasst euch diesbezüglich von einem Fachhändler beraten! Besser ist es allerdings, wenn ihr Kontakt zu einem Astrostammtisch/Volkssternwarte/Verein aufnehmt und die Gerätschaften mal aus der Nähe betrachtet. Die Wahrnehmung von Größe und Gewicht ist äußerst subjektiv! Als ich mein erstes Teleskop aufgebaut habe, war es für mich riesig und die Montierung sehr schwer, heute würde ich sagen, es war ein kleines Einsteigerteleskop auf einer sehr leichten Montierung...

 


Wahl des Teleskops:

Rein auf die Astrofotografie bezogen würde ich mich an folgender Tabelle orientieren:

  Kompaktheit Gewicht Brennweite Öffnungsverhältnis Preis
ED APO ++ ++ - - --
Newton - - + + ++
SC/RC + + ++ -- --

 

 

 

 

Zur Erklärung: Ein ED APO ist verhältnismäßig teuer im Bezug auf Öffnung und Brennweite. Für einen „kleinen“ 80mm ED APO mit 480mm Brennweite werden schon Preise von 1.000 € und mehr ausgerufen und einen Flattener braucht man meist noch zusätzlich. Dafür bekommt man ein sehr kompaktes Gerät, was kaum Ansprüche an die Montierung stellt, sehr justagestabil ist und nicht zuletzt kontrastreiche Aufnahmen mit nadelfeiner Sternabbildung liefert .

Sofern man nicht gerade einen High-End-Carbon-Fotonewton wählt, ist ein 6“ oder auch 8“ Newton zuerst einmal deutlich günstiger als ein ED APO. Ein 8“ Newton mit f/5 (also rund 1.000mm Brennweite) liegt im Vergleich zum ED APO bei ungefähr der Hälfte des Preises, stellt dafür aber aufgrund seines Gewichts und ungünstigen Hebels viel höhere Ansprüche an die Montierung.

SC und RC habe ich im Prinzip nur deswegen in die Liste mit aufgenommen, da sie für Planeten-/Mondfotografen oder spezielle DSO durchaus interessant sind, jemandem der zum ersten Mal durch ein Teleskop eine Langzeitbelichtung machen möchte würde ich ein solches Gerät definitiv nicht empfehlen!

Und jetzt seid ihr dran, denn entscheiden müsst ihr selbst!

Macht euch Gedanken, was ihr fotografieren wollt (und mit welcher Kamera). Daraus könnt ihr die Brennweite des Teleskops ableiten. Wenn ihr so gar nicht wisst, wohin die Reise gehen soll, dann klickt euch einfach mal durch meine Bilder. Unter den Bildern findet ihr immer auch die Angaben, mit welchem Teleskop und welcher Kamera das Bild gemacht wurde!

Übersicht beliebter Motive mit Ausdehnung am Himmel und der draus resultierenden Brennweite bezogen auf einen Canon APS-C-Sensor!

 

  Längsachse/Durchmesser Querachse empf. Brennweite Bildwinkel Breite Bildwinkel Höhe
Sommerdreieck (Schwan, Leier und Adler) 60° 45° 15mm 73°,0 52°,5
Sternbild Großer Wagen 30° 13° 35mm 35°,2 23°,9
Sternbild Orion (Hauptfigur) 22° 12° 50mm 25°,0 16°,8
Sternbild Leier 100mm 12°,7 8°,5
Andromeda Galaxie 400mm 6°,4 4°,2
Orion-Nebel, Plejaden 1°,5 500mm 2°,5 1°,7
Sonne, Vollmond ca. 0°,5 - 1.000mm 1°,3 0°,8
Herculescluster M13 22' - 2.000mm 0°,6 0°,4
Whirlpoolgalaxie M51 11' 7' 2.000mm 0°,6 0°,4
Krebsnebel M1 5',5 - > 2.000mm    
Ringnebel M57 1',7 - > 2.000mm    
Jupiter, Mondkrater Copernicus max. 50'' - > 2.000mm    
Saturnkugel max 20'' - > 2.000mm    

 

Versucht bei der Wahl der Brennweite aber nicht jedes Objekt zu berücksichtigen, denn das wird nichts! Bleibt ihr länger dabei Astrofotos zu machen, wird auch früher oder später ein weiteres Teleskop mit einer anderen Brennweite dazu kommen, ggf. auch eine andere Kamera. Habt ihr euch für ein Teleskop entschieden, achtet bei der Montierung darauf, dass ihr genug Reserven bei der Zuladung habt! Mit Autoguider, Heizungen, Kabeln und sonstigen Befestigungsteilen kommen schnell mal ein paar Kilogramm zusammen.

Auch hier noch einmal der Hinweis, lasst euch auch von einem Fachhändler beraten und kauft nicht einfach irgendetwas in der Bucht, weil es gerade günstig war und annähernd in Euer Beuteschema passt! Am besten ist es, ihr nehmt Kontakt zu einem Astrostammtisch/Volkssternwarte/Verein auf betrachtet die verschiedenen Geräte mal in Natura, ehe ihr etwas bestellt!

 


Seeing???

Bei der Wahl eures Equipments solltet ihr auch das Seeing mit einbeziehen. Wie gut ist das Seeing am Beobachtungsplatz?

Wenn ich mal den 18mpix-APS-C-Sensor von Canon als Grundlage nehme, ergibt sich bei einem 8"/5 Teleskop ein Abbildungsmaßstab von ca. 0,9''/Pixel. Ein Teleskop mit 8" Öffnung erreicht eine theor. Auflösung von knapp 0,7''. Man könnte den Sensor also Pixelgenau mit Informationen versorgen wenn man ein 8" Teleskop mit ca. 1.000mm Brennweite an z.B. einer Canon EOS 600D verwenden würde. Dummerweise schlägt genau jetzt das Seeing zu und macht einen Strich durch die Rechnung. Bei einem Seeing von 2'' werden Langzeitbelichtungen (Galaxien, PN, ...) vorwiegend Pixelmatsch produzieren, so dass viele der möglichen Details einfach vom Seeing vernichtet werden und Sternscheibchen werden aufgebläht. Was bei der visuellen Beobachtung wichtig ist, eine möglichst große Öffnung, ist bei der Astrofotografie ab einem gewissen Punkt also nicht mehr ganz so entscheidend. Ein 10"/8 RC mit einer DSLR, löst in der Theorie 0,42''/Pixel auf, aber was bringt das, wenn richtig gutes Seeing 2" bedeutet?

In den meisten Fällen kann man wohl von einem Seeing von 3"-5" ausgehen. 3" Sind dabei aber schon als gutes Seeing zu bewerten. Die von mir weiter oben angesprochenen 2" sind eher die Ausnahme! Ein Stern, der aufgrund seiner Entfernung als Punktlichtquelle zu sehen ist, wird aber durch das Seeing ein flächiges Objekt. Bei einem Abbildungsmaßstab von 0,42"/Pixel und 5"-Seeing würde ein Stern also auf min. 12x12 Pixel "aufgebläht. Von nadelfeiner Sternabbildung kann man da schon nicht mehr sprechen und in den meisten Fällen wirken kleinere Sternscheibchen auch ästhetischer.

Welchen Abbildungsmaßstab sollte man nun also anstreben? Nimmt man die Erkenntnis des Physikers Harry Nyquist, dass vereinfacht formuliert ein Sensor mindestens doppelt so hoch auflösen muss wie das zu erfassende Bilddetail klein ist und setzt das in Relation zum lokalen Seeing von 3"-5", dann ergibt sich für die meisten von uns ein optimaler Abbildungsmaßstab von 1"-2" pro Pixel.

Der Abbildungsmaßstab in Bogensekunden pro Pixel errechnet sich nach folgender Formel:

 

Der Abbildungsmaßstab in Bogensekunden pro Pixel (X) entspricht in etwa der 206fachen Pixelgröße (p) in µm geteilt durch die Brennweite des Teleskops (f) in mm.

 

Als Daumenwert für alle 18mpix-APS-C-Besitzer:

Den oben genannten sinnvollen Abbildungsmaßstab von 1"-2" erreicht ihr bereits mit einem 80er f/6 ED APO (Brennweite 480mm ergibt ca. 1,8"/Pixel) bis hin zu einem 8" f/5 Newton (Brennweite 1.000mm ergibt ca. 0,9"/Pixel). Teleskope mit weniger als 400mm Brennweite oder mehr als 1.000mm Brennweite solltet ihr also nur in Betracht ziehen, wenn ihr ganz genau wisst warum. Um die Frage direkt vorweg zu nehmen, JA ich halte mich selbst nicht an ganz diese Weisheit, zumindest mein 8" ACF in Verbindung mit meiner umgebauten 600D löst zu hoch auf (extremes Oversampling). Ohne Reducer liegt der Abbildungsmaßstab bei ca. 0,5"/Pixel, mit Reducer bei ca. 0,65"/Pixel, was aber immer noch deutlich zu fein ist, dennoch für mich pers. eine gute Wahl (siehe 8" ACF unten), die ich aber keinem Einsteiger empfehlen möchte!


Wenn ihr also euren Wunschzettel schreibt, denkt daran, manchmal ist ein kleineres Teleskop die bessere Wahl.

 


Fazit:

Da ihr schon bis hier gelesen habt, sollte eines klar geworden sein, die Astrofotografie ist recht komplex und es gibt kein Patentrezept hinsichtlich Vorgehensweise und Intrumentarium. Aus genau diesem Grund liegt es an euch und vor allem daran, wie sehr ihr euch mit der Materie auseinandersetzen wollt, ob ihr erfolgreich seid oder eben nicht.

Die Euphorie ist anfangs natürlich sehr groß, vor allem bei den ganzen hervorragenden Bildern, die man so im Netz findet, aber die Arbeit die dahinter steckt, sieht man nicht! Bevor ihr also losrennt und kauft, schlaft ein paar Nächte darüber und versucht euch klar zu werden, welchen Aufwand ihr treiben wollt.

Wie weit ist es zum Beobachtungsplatz? Der heimsiche Garten, oder muss ich erst 35min. mit dem Auto aus der Stadt herausfahren?

Wie weit muss ich mein Equipment schleppen und was wiegt es?

Will ich eigentlich Beobachten und nur hin und wieder mal was knipsen, oder will ich vorwiegend Fotos machen?

Wie sieht´s mit den Finanzen aus? Was kann ich mir leisten und was wäre für "meine Traumbilder" erforderlich?

Im Durchschnitt langt es zu 1-3 Bildern im Monat, manchmal vergehen auch 4 Wochen, ohne dass sich eine Gelegenheit zum Fotografieren ergibt... will ich dafür wirklich diesen Aufwand treiben?

 

Falls ihr immer noch fest entschlossen seid, tiefer in die Astrofotografie einzusteigen und ein Teleskop mit Montierung und allem Drum und Dran kaufen wollt, ein letzter Rat: Kauft lieber das Teleskop eine Nummer kleiner und dafür die Montierung eine Nummer größer. Es gibt nichts schlimmeres als ein Teleskop was auf der Montierung wackelt wie ein Lämmerschwanz! Hier geht´s dann um die Basics der Astrofotografie mit nachgeführter Kamera, egal ob es nun eine mittelschwere Montierung mit 6" Newton ist, oder doch eine kleine Star Adventurer mit 135er Tele.

 

Ich wünsche Euch viel Erfolg und klare Nächte!

 

Fragen oder Anregungen? Schickt mir ne Mail, ich würde mich freuen!